Das Bauhaus – eine Einladung, Optimismus zu tanken
Das Bauhaus – eine Einladung, Optimismus zu tanken
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TIM SOMMER, CHEFREDAKTEUR chefredaktion@art-magazin.de -
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Zurück zum Urknall der Moderne: Lucia Moholys Foto vom neuen Dessauer Bauhaus (links) fängt die Faszination dieses Wunderwerks ein. Sie hält bis heute!
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
es soll ja Menschen von umfassender Bildung geben, sonst weit gereist und auch belesen, die noch nie in Dessau waren. Falls Sie dazu gehören und eine Entschuldigung für das Versäumnis suchen: Auch Walter Gropius hatte seine Vorbehalte gegen die damals boomende Industriestadt in der mitteldeutschen Braunkohleprovinz. Aber deren Bürgermeister Fritz Hesse hatte schlicht das beste Angebot, als das in Weimar von der Schließung bedrohte BAUHAUS Ein neues Biotop suchte, in dem es weiter gedeihen konnte. Mit Hesses Rückhalt konnte Direktor Gropius endlich bauen, was sein experimentierendes, wildes, träumendes, manchmal irrlichterndes BAUHAUS in Weimar nur denken konnte: diese Gemeinschaft von Künstlern, Gurus und Konstrukteuren, von Bürgertöchtern, Jugendbewegten und Kriegsversehrten, diese bunt gemischte Sammlungsbewegung von Hoffnungsträgern, Romantikern und Frustrationsresistenten, die sich vor 100 Jahren zusammengetan hatte, um nach dem Krieg von 1914 bis 1918 sich und die Welt zu heilen.
Und Gropius plante in rasender Geschwindigkeit sein Dessauer Manifest, mit dem er Glas und Beton zum Tanzen brachte. Wer heute zum ersten Mal sein Schulgebäude, die Meisterhäuser, die Siedlung Törten sieht, kann in Hirn, Herz und Magengrube den Urknall spüren, der damals hier geschah: Nichts weniger als das Leben im Industriezeitalter sollte in Dessau per Architektur und Design neu erfunden werden. Als schöneres, eben schöpferisches, optimistisches, tolerantes Leben in einer Gesellschaft starker, kluger, befreiter Individuen. Eine herrliche Vision, aber nebenbei eine Aufgabe, an der wir bis heute zu knobeln haben. Wie genau bestimmen Räume und Dinge unser Leben? Wie viel Macht sollten sie über uns haben? Nicht immer sind wir sicher, ob uns das BAUHAUS dabei noch eine große Hilfe ist.
Wir haben in diesem ART-Spezial, das unsere Jubiläumsserie »100 Jahre BAUHAUS. Die unbekannten Geschichten« grundiert und ergänzt, versucht, alles zusammenzutragen, was den wichtigsten Beitrag Deutschlands zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts ausmacht. Meine Kollegin Barbara Hein hat dieses Heft als Redakteurin federführend betreut. Bildredakteurin Pamela Axmann ist in die Archive abgetaucht, um die besten Abbildungen für Sie herauszufischen. ART-Direktorin Heidi Kuenzer hat das Heft gestaltet, in unserem Look und mit einer Verneigung vor den Typografen des BAUHAUSES. Man weiß manches, man weiß nie genug. Für uns war es eine Reise durch Zeit und Ideen, bei der uns Historisches ganz nah kam und längst Gelerntes plötzlich wieder fremd wurde. Hinter dem Wort, der Parole BAUHAUS sind unendlich viele Geschichten verborgen, die uns immer umtreiben werden. Wir sehen uns in Dessau. Versprochen, hier kann man Optimismus tanken!
PS: Auch außerhalb von Dessau ist BAUHAUS-Jahr! Diesem Heft liegt ein Booklet bei, dass Sie auf der »Grand Tour der Moderne« durch ganz Deutschland führt und die wichtigsten Ausstellungen verzeichnet. Mehr davon in jedem ART-Heft!