Klimaproteste als brandgefährliche Farce

Klimaproteste als brandgefährliche Farce

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Der stern-Karikaturist Till Mette kann der »Letzten Generation« noch eine Pointe abgewinnen. In den Museen herrscht inzwischen das Grausen

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

Geschichte soll sich angeblich zweimal wiederholen, als Tragödie und als Farce. Im Falle der Aktionen der »Letzten Generation« geschah das sogar gleichzeitig: Während in Berlin bei einer Autobahnblockade ein Rettungsfahrzeug auf dem Weg zu einem Unfallopfer im Stau stecken blieb (Tragödie), startete in den Museen eine neue Reihe von Publicity-Stunts, die weit über Rahmenklebeaktionen der Klimawarner vom Sommer hinausging (Farce). In der Londoner NATIONAL GALLERY wurde ein van Gogh mit Tomatensuppe traktiert, im Potsdamer MUSEUM BARBERINI ein Gemälde von Claude Monet mit Kartoffelbrei beschmiert, im MAURITSHUIS in Den Haag klebte sich ein Aktivist mit dem Kopf an Jan Vermeers Mädchen mit dem Perlenohrgehänge.

Die frühen Museumsaktionen konnten noch mit einem gewissen Verständnis rechnen, entsprechend moderat waren die Reaktionen aus den betroffenen Häusern (art 10/2022). Mit diesen tätlichen Angriffen überschritten die wohlmeinenden Weltretter aber die Grenze zur Barbarei. Auch wenn die Werke durch Glas geschützt waren – die Gefährdung wurde in Kauf genommen und hat beim Publikum nichts als Entsetzen ausgelöst. Und Panik in den Direktionen: Wie soll man sich des missionarischen Banausentums erwehren, ohne das Museum als offene Institution zur Disposition zu stellen?

Das Brandgefährliche an den Aktionen ist ihre Logik der erpresserischen Eskalation. Angeblich wollen die Klimaschützer demonstrieren, dass in einer kaputten Welt auch die Schönheit der Kunst niemandem mehr nützt. Nur: Welche Anschläge, welche Verwüstungen wären damit nicht zu legitimieren? Wo sollte die Grenze liegen? Wenn die symbolische Zerstörung nicht politisch fruchtet, dann muss eben demnächst wirklich ein Meisterwerk dran glauben?! Ein Albtraum für den gesellschaftlichen Konsens.

Man kann nur hoffen, dass der verzweifelte Protest zurück in demokratische, zivile Formen findet. Dass gerade die Kunst, fragil und schützenswert wie sie ist, zum Opfer von Kartoffelbrei und Dosensuppe gemacht wird, ist zu unkreativ und billig – und kindisch ist es obendrein.

PS: Ab Seite 68 in diesem Heft finden Sie eine Hommage an die deutschen Kunstvereine, eine Institution, um die uns die ganze Welt beneidet – und immer in der Nähe. Treten Sie ein!