Augen auf beim Blick in die Zukunft

Augen auf beim Blick in die Zukunft

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  • Hannah Schuh und Raphael Dillhof beim erfolgreichen Besuch der VR-Biennale in Düsseldorf. Ich bin dabei gescheitert, mir Manuel Rossners Werk anzuschauen: Die Datenbrillen der Hamburger Kunsthalle waren auf Katzenbilder eingestellt

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, die schöne neue Welt ist schon ganz schön alt: Bereits im Juli 1986 titelte ART recht forsch: »Jetzt malen die Computer« und verkündete nichts weniger als den »Durchbruch der elektronischen Kunst«. Die als »perfekt« gepriesenen Werke aus den Superrechnern von damals sehen heute rührend pixelig aus – und schon die Geschichte gibt sich dann deutlich skeptischer als die gewagte Titelzeile, auch wenn sie tatsächlich schon von »künstlicher Intelligenz« etwas weiß, die man aber noch in ironische Anführungszeichen setzte. ART-Layouts entstanden damals noch mit Schere und Leim, und in den Büros klapperten die Schreibmaschinen!

Immer wieder haben wir in den folgenden Jahrzehnten mit großen Überblicksgeschichten in der Sphäre der digitalen Kunst nach dem Rechten geschaut – und immer wieder wähnten wir uns dabei just an der Schwelle zu völlig neuen Epochen der Erzeugung künstlicher Kunst: Mal war es »Second Life« (Erinnern Sie sich an das virtuelle Paralleluniversum, den großen Hype des vorletzten Jahrzehnts?), mal die Szene der neuen immersiven Welten, die ganze Museen füllen – meist allerdings mit Überwältigungskitsch.

In diesem Heft gehen meine Kollegin Hannah Schuh und mein Kollege Raphael Dillhof (ab Seite 22) auf eine Rundreise zu vier der interessantesten aktuellen Positionen, die mittels VR-Technologie reale und virtuelle Welt mixen – auf einem Niveau, das vor Kurzem undenk- bar schien. So faszinierend diese Vermischung ist: Ja, auch diese Werke mögen in ein paar Jahren niedlich und naiv wirken. Vor allem, wenn die Datenkrake Facebook ihre Drohung wahr macht und ein gigantisches »Metaversum« für Datenbrillen erzeugt, in dem wir Menschen perfekt überwacht als Avatare unserer selbst schon bald arbeiten und konsumieren sollen. Also: Augen auf beim Blick in die Zukunft – nicht nur hinter der Datenbrille!

Ich wünsche Ihnen eine schöne und geruhsame Adventszeit! Mein Geschenktipp lautet natürlich: Ein ART-Abo hat noch jedes Leben bereichert!