Der fremde Freund im Kanzleramt
Der fremde Freund im Kanzleramt
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Tim Sommer, Chefredakteur chefredaktion@art-magazin.de -

Mächtige unter sich: Kul- turstaatsminister Bernd Neumann mit Pharaonin Nofretete und Kanzlerin Angela Merkel bei der Einweihung des Neuen Museums in Berlin
Liebe Leserin, lieber Leser,
Kulturstaatsminister Bernd Neumann, 67, geht pragmatisch und uneuphorisch, wie es nun mal seine Art ist, in die zweite Amtszeit. Ganz der Alte. Das Echo ist gespalten. Museumsdirektoren etwa vermissen Impulse, fragen nach zündenden Gedanken, großen Visionen aus dem Kanzleramt. Es fehlt ihnen der intellektuelle Glanz von repräsentativen Amtsinhabern wie Michael Naumann oder Christina Weiss. Und ja, sie leiden manchmal unter dem hohen Besuch aus Berlin, weil Neumann nur kurze Grußworte pannenfrei übersteht. Er ist nicht unter seinesgleichen im Kultur- und Kunstbetrieb. Aber der Feind ist er ganz gewiss nicht.
Anders als die intellektuellen Quereinsteiger vor ihm hat Neumann es verstanden, Kulturpolitik als das zu betreiben, was sie ist: Politik nämlich. Das ist zuerst das Organisieren von Mehrheiten und Geld, das Suchen nach Kompromissen und durchsetzbaren Lösungen. Und da war der Politprofi sehr erfolgreich. Er hat seinen Etat beständig zu erhöhen verstanden, er hat effektiv vermittelt. Das hat ihm letztlich bei vielen doch Respekt verschafft.
Es ist kaum zu erwarten, dass er von der Kanzlerin in dieser Sparlegislatur noch mehr Geld für die Kultur einwerben kann, um so wichtiger wird die inhaltliche Arbeit an den komplizierten, übergeordneten, wenig glanzvollen Kunstfragen, um die sich im föderalistischen Deutschland niemand gern kümmert – zumal auch viele Kulturkompetenzen im Außenamt, im Innenministerium und sonst wo liegen. Da ist das Problem der Beutestücke aus dem Zweiten Weltkrieg, das vor allem zwischen Russland und Deutschland endlich bereinigt werden muss. Da ist der Komplex der von den Nazis konfiszierten und erpressten Kunstwerke, um die Museen und Erben streiten. Da sind die fehlenden Richtlinien für den Umgang von öffentlichen Sammlungen mit dem Geltungsdrang von Privatsammlern. Da ist die Misere der kommunalen Kunstförderung in diesen Krisenzeiten, die viele Kunstvereine und Museen in der Provinz in der Existenz bedroht.
All das steht – anders als die Einweihung des Humboldt-Forums in der Berliner Schlossattrappe und des Einheits- und Freiheitsdenkmals davor – bisher nicht auf Neumanns offizieller Agenda. Da kann man nur wünschen, dass sich Bernd Neumann auf seine Stärken konzentriert: nicht repräsentieren, sich einmischen!