Editorial

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Tim Sommer, Chefredakteur

Liebe Leserin, lieber Leser,

erst im letzten Sommer hatten sich die Feuilletons berauscht an der wunderbaren Leichtigkeit und kühlen Strenge der „School of Management and Design“, entworfen vom umjubelten japanischen Architektenduo SANAA (art 11/2006) für das Gelände der Essener Zeche Zollverein. Ein gebautes Sinnbild für den Aufbruch des Industriemolochs Ruhrgebiet ins blitzblanke 21. Jahrhundert war zu bestaunen. Und zu schön war die Idee einer sich selbst über Studiengebühren finanzierenden Synergie- und Denkfabrik, wo Manager etwas über Gestaltung und Designer etwas über Wirtschaft lernen sollten. Nun liegt (siehe Bericht auf Seite 136) die Schule bereits im Sterben, und nur ein Wunder kann sie retten. Die Frage ist, ob es Mord aus politischer Heimtücke war oder die Idee an unterlassener Hilfeleistung zugrunde ging.

Dämmerung auf Zollverein: Was wird aus dem Bau von SANAA?

Klar ist: Die Umwidmung des Welterbes Zeche Zollverein zum Design- und Bildungspark nach einem Masterplan von Rem Koolhaas war ein Renommierprojekt der alten rot-grünen Landesregierung. Unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der seit Juni 2005 regiert, fehlt der „School of Management and Design“ nun offenbar die Lobby in Düsseldorf. Der Plan, dass sich ein ehrgeiziges, weltweit neues Schulprojekt schon nach zwei Jahren selbst tragen könnte, hatte freilich Luftschlossqualitäten. Der nun zurückgetretene Kurzzeit-Präsident Andrej Kupetz hatte die Landesregierung darauf hingewiesen, dass das Finanzierungsmodell für seine „Business School für die kreativen Ökonomien“ so kurzfristig nicht greifen würde. Als im Oktober öffentlich wurde, dass die Schule vor dem Aus steht, wurden zwei Optionen diskutiert: Der Einzug der Designklassen der Folkwang-Hochschule und ein Verkauf des Gebäudes an den Designmanager Peter Zec, der nebenan den Verein Design- Zentrum Nordrhein-Westfalen betreibt und schon Pläne für eine eigene Schule in der Schublade hat. Für einen Euro würde er das steuerfinanzierte Gebäude übernehmen, schuldenfrei versteht sich. Ob es zu einem solch blamablen Ausverkauf öffentlicher Interessen kommen wird, ist noch unklar. Das Versagen des NRW-Visionsmanagements aber ist offenkundig geworden: ein gründlich verpatzter Einstand für Essen als Kulturhauptstadt Europas Ruhr 2010.

Bildungsreisender in Sachen Qualität: Im Auftrag der Redaktion konfrontierte art- Autor Hans-Joachim Müller (rechts) den deutschen Kunstbetrieb (hier Werner Spies) mit der schlichten wie gewaltigen Frage „Was ist gute Kunst?“ Lesen Sie seine große Reportage ab Seite 26