Füllhornweitwurf an der Museumsinsel
Füllhornweitwurf an der Museumsinsel
TIM SOMMER, CHEFREDAKTEUR
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Céline und Heiner Bastian schenken ihre noble Immobilie der Preußenstiftung im zweiten Anlauf nun »bedingungslos« -

Hermann Parzinger und Monika Grütters mit Reinhold Würth, dem Großmäzen, der für dieses Mal ausgestochen wurde
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER ,
vielleicht wird man nie erfahren, ob das Ganze nun Hermann Parzingers unglaublich ausgebufftes Meisterstück der Geldeinwerbung war, ein missglückter diplomatischer Balanceakt oder doch nur eine schlichte Kommunikationspanne mit ungeklärter Langzeitwirkung. Am 30. September verschickte die Stiftung Preussischer Kulturbesitz eine Pressemitteilung, die Gründung eines »Reinhold Würth Zentrums für kulturelle Bildung und Vermittlung im Haus Bastian« betreffend. Sie versammelte die euphorischdevoten Dankesstatements von Kulturstaatsministerin Monika Grütters, Stiftungspräsident Hermann Parzinger und Generaldirektor Michael Eissenhauer und schaffte es, zwischen vielen Superlativen neunmal das Wort »großzügig« in einem einzigen Text unterzubringen, einmal gepaart mit »nobel«, einmal sogar gesteigert zu »großmütig«.
Das nun zum »Haus Bastian« avancierte Gebäude am Kupfergraben vis-à-vis der Museumsinsel hatten Kunsthändler und Sammler Heiner Bastian und seine Familie von Architekt David Chipperfield als Galeriehaus errichten lassen und so neun Jahre lang betrieben. Nun hätten sie es »im Verzicht auf jeden Gewinn« für kulturelle Zwecke der Preußenstiftung angeboten. Mit dem schwäbischen Unternehmer und Großsammler Reinhold Würth hätte diese vereinbart, dass er die Mittel für den Erwerb der Immobilie und zudem für den Betrieb des dringend benötigten Kunstvermittlungszentrums (für das man gleichwohl auch in 30 Jahren Inselumbau nie einen Platz gefunden hatte) stiftet. Zahlen wurden freilich nicht genannt.
Ob nun das Lob für die beiden Mäzene versehentlich jeweils nicht ganz korrekt dosiert wurde? Oder gar die Rangfolge im Titel des geplanten Zentrums (Würth vorn, Bastian hinten) gezielt lanciert, um tiefenpsychologische Reize zu setzen? Jedenfalls legten die Bastians zur großen Verblüffung aller wenige Tage später nach. Sie luden ihr Füllhorn noch praller und warfen es erneut in den Ring. Sie schenkten die schöne Immobilie nun »bedingungslos«! Denn, so schreiben die Bastians sibyllinisch: »im Ausgleich der Wahrnehmung der zukünftigen Bedeutung des Hauses und dem Angebot von Reinhold Würth, entstand zunehmend ein Widerspruch für uns«, die »persönliche Verbindung« zum Haus sei »auf einmal verloren gegangen«.
Durch diesen – wahrhaftig großzügigen – mäzenatischen Handstreich dürfte nun klar sein, wer beim Türschild vorn rangiert. Da konnte Reinhold Würth als Sportsmann nur das Feld räumen. Aber irgendwer muss Unterhalt und Personal ja doch bezahlen. Wie man hört, ist Parzinger nun mit Grütters im Gespräch …
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