Vom Vorteil klarer Hierarchien

Vom Vorteil klarer Hierarchien

Tim Sommer, Chefredakteur

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Liebe Leserin, lieber Leser, dass kommerzielle Galerien museale Räume unterhalten, ist kein neuer Trend. Auch nicht, dass Galerien darin Ausstellungen mit musealem Anspruch realisieren. Aber dass nun darin tatsächlich Museumsausstellungen gezeigt werden – das ist wirklich neu. Gut ist es nicht.

Das Dresdener Kupferstich-Kabinett zeigte im Sommer die Ausstellung „Dresdener Paraphrasen“, in der das Künstlerduo Gert & Uwe Tobias mit großformatigen Farbholzschnitten auf die historischen Schätze einer der besten Grafiksammlungen der Welt reagierte. Im Oktober eröffnete die gleiche Schau bei Contemporary Fine Arts, einer der besten Galerien in Deutschland, die im edlen David-Chipperfield-Bau gleich an der Berliner Museumsinsel residiert. Die Galeriewände tragen die gleiche Farbe, der Kurator macht auch hier regelmäßige Führungen, nur die Absperrungen sind nicht so rigide, und der Eintritt ist frei.

Was soll’s, könnte man sagen: Wenn Museen Ausstellungen zeitgenössischer Künstler planen, sind deren Galerien ohnehin mit im Boot, sie stellen Kontakt zu den Sammlern her, organisieren Transporte, finanzieren gar die Realisierung aufwendiger Werke. Und ist die Vorstellung vom Museum als unkommerziellem Freiraum nicht ohnehin längst Illusion? Sind deren Ausstellungen nicht auch ein Produkt und mithin eine Ware, ganz zu schweigen von der Wertsteigerung, die eine Präsentation hier verspricht? Und ist es nicht egal, wo einer der Kunst begegnet, wenn er ihr nur begegnet?

Nein. Es gibt hier, bei aller Zusammenarbeit im Kunstbetrieb, eine Trennlinie, die man ganz altmodisch zwischen Museen (oben) und Galerien (darunter) ziehen muss. Diese Hierarchie sollten die Museen verteidigen und die Galerien akzeptieren. Weder hat es CFA nötig, sich als Museum zu maskieren, noch das Kupferstich-Kabinett, Verkaufsausstellungen zu kuratieren: Minuspunkt an beide!

  • Kommerzielles Déjà-vu: die Ausstellung „Dresdener Paraphrasen“ von Gert & Uwe Tobias im Dresdener Kupferstich-Kabinett (oben) und der Berliner Galerie CFA