Editorial
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Liebe Leserin, lieber Leser, Angela Merkel, so sie nun glücklich Kanzlerin wird, könnte sich schnell ein Denkmal setzen. Am 8. November wird auf dem Gelände der alten Alexanderkaserne gleich vis-ä-vis der Berliner Museumsinsel eine Ausstellung mit Traumschlosspiänen eröffnet. Auf dem Areal soll nach aktuellem Zeitplan „mittelfristig bis 2012“ ein „Kompetenz-Zentrum“ (sprich: Verwaltung, Bibliotheken, Labore, Werkstätten) für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz entstehen, „frühestens ab 2012“ dann ein seltsam vage benanntes „Ausstellungsgebäude“.
Gewonnen hat diesen Ideenwettbewerb für die Berliner „Museumshöfe“ das Architekturbüro Auer + Weber (München/ Stuttgart). Geld zur Umsetzung seiner Träume hat Generaldirektor Peter-Klaus Schuster freilich bislang nicht. Dabei kann und muss sich hier seine Konzeption für die Museumsinsel vollenden: mit einem zweiten Neubau für die Altmeistergemälde der Preußenstiftung, der eine absurde Entscheidung von Schusters Vorgänger Wolf-Dieter Dube endlich korrigieren würde.
Zur Erinnerung: Erst 1998 war die von Hilmer & Sattler entworfene Gemäldegalerie eröffnet worden, ein wundervolles Gebäude am völlig falschen Platz. Die Idee eines Westberliner „Kulturforums“ am Kemperplatz hatte sich durch die Wiedervereinigung längst erledigt. Man baute trotzdem, das Geld war ja genehmigt.
Schuster will nun im Kulturforum künftig statt Albrecht Dürer und Rogier van der Weyden die Klassiker des 20. Jahrhunderts präsentieren. Ludwig Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie wäre damit frei für Sonderausstellungen. Die Altmeister sollen zunächst gemeinsam mit der Skulpturensammlung ins Bodemuseum ziehen, das im nächsten Jahr nach Renovierung wieder öffnet. Doch können hier, wie Galeriedirektor Bernd Lindemann vorrechnet, „allenfalls 380 bis 400“ seiner Bilder präsentiert werden, weniger als ein Drittel der jetzt gezeigten Werke. Ein peinliches Dauerprovisorium droht. Lindemann sträubt sich zu Recht und tapfer auch öffentlich gegen die Pläne seines Generals, die kostbaren und seit der Wende endlich wiedervereinten Altmeister derart zu dezimieren. Dass sie zur Museumsinsel gehören, bestreitet er nicht. Wie könnte dieses einzigartige Multimuseum zur Kultur der Menschheit auch bestehen, ausgerechnet ohne das künstlerische Leitmedium Europas seit dem Spätmittelalter?
2012 soll David Chipperfields „Masterplan“ zur Sanierung und Erschließung der Museumsinsel umgesetzt sein. Dann, und nicht erst irgendwann später, muss auch die Gemäldegalerie hier ein angemessenes Haus beziehen, damit das Berliner Gewurstel einmal ein Ende hat. Bezahlen kann das neue Museum wieder nur der Bund: Es wäre sinnvoll angelegtes Geld für eine schnelle Lösung von Dauer.

