Wechselhafte Aussichten für Kunstflaneure
Wechselhafte Aussichten für Kunstflaneure
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Gerhard Richters »Venedig« (1986) ist in Wien zu sehen, die Manifesta 13 in Marseille nur mit Vorsicht zu genießen -
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Coronageplagt: Eva Pradel und Raphael Dillhoff recherchieren in der ART-Redaktion die Ausstellungstermine, endlich wieder in vollem Umfang – und mit weniger Fragezeichen als im Sommer
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
ich hege die stille Hoffnung, Sie haben es gar nicht bemerkt: Aber dies ist das erste normale ART-Heft seit Monaten. Weil der Ausstellungsbetrieb fast gänzlich zum Erliegen gekommen war, mussten wir Sie über den Sommer ja häufig mit recht zeitlosen Stücken unterhalten. Einerseits haben wir in der Redaktion den Zustand genossen, einmal frei vom Takt der Kunstmaschine nach Themen zu suchen, die Sie begeistern. Andererseits haben wir natürlich den Anspruch, Ihnen ein aktuelles Magazin zu liefern, das Sie entlang der spannendsten Ausstellungen und Debatten durch den Monat begleitet.
So wie dieses Heft: Die Titelgeschichte ist der großen Schau von Gerhard Richters Landschaftsbildern in Wien gewidmet, dann folgen eine exklusive Reportage von der MANIFESTA 13 in Marseille und ein Foto-Portfolio von Jerry Berndt, das sich auf eine Ausstellung in den Hamburger DEICHTORHALLEN bezieht. Außerdem konnte unser von kurzfristigen Absagen, vagen Ansagen und unklaren Verschiebungen geplagtes Termin-Team endlich wieder einen soliden Ausstellungskalender in gewohnter Länge liefern und auch unser beliebtes Booklet »Saison« produzieren, das Ihnen die langfristige Planung erleichtern soll. Also alles wieder im Lot? Keineswegs. Es ist eher ein Schwebezustand, in dem sich auch schon Konturen der Zukunft einschreiben. Eben, als sich unser Frankreich-Korrespondent Heinz Peter Schwerfel ans Mittelmeer aufmachte, schaltete dort die Corona-Ampel auf Rot. Wir können Ihnen kaum leichten Herzens empfehlen, ihm nach Marseille zu folgen. Der Richter-Schau bescheren die veränderten Verhältnisse dagegen eine verschwenderisch lange Laufzeit von fast einem Jahr in Wien und später Zürich, weil die Transporte teurer geworden und viel weniger Besucher pro Tag erlaubt sind als sonst. Noch immer verschwinden Fixpunkte wie die ART BASEL MIAMI BEACH urplötzlich von der Agenda. Auch wer versucht hat, sich für die BERLIN ART WEEK im September ein Zeitfensterpuzzle zusammenzustellen, ahnt, dass der impulsgeleitete Kunstflaneur alter Schule noch immer einen schweren Stand hat.
Machen wir das Beste daraus: ART gibt Ihnen nach bestem Wissen einen Aus- und Überblick, Sie genießen nach Belieben – noch zu Hause oder auch schon vor Ort.
PS: Im neuen Volltext-Archiv für unsere Abonnenten (www.art-magazin.de/archiv) wird Gerhard Richter mit Abstand am häufigsten gesucht. Er liegt auch an der Spitze bei unseren Titelgeschichten – und bei der Anzahl von besonderen Drucken. Siehe Altarfalz auf Seite 35!