Zwei Wetten auf die Unsterblichkeit
Zwei Wetten auf die Unsterblichkeit
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Tim Sommer, Chefredakteur chefredaktion@art-magazin.de -
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Gelebte Nähe zur Kunstgeschichte: „Pink Panther“ von Jeff Koons und „Ariadne auf dem Panther“ von Johann Heinrich Dannecker; „Chinoiserie I“ von Gert & Uwe Tobias und ein chinoises Musterblatt von Joseph Leopold
Liebe Leserin, lieber Leser,
lange hing in der Bibliothek der art- Redaktion ein großer Merkzettel: „2013 nach Jeff Koons fragen“. Die Wette auf das künstlerische Verfallsdatum des Shootingstars muss noch in den Achtzigern geschlossen worden sein. Irgendwann ist das vergilbte Blatt verschwunden, weil längst klar war: Jeff Koons wird sich halten. Erst spielte er mit dem Skandal, dann mit der schieren Größe, heute spielt er auf die Ewigkeit. Gleich drei Ausstellungen feiern den amerikanischsten aller Künstler jetzt in Europa: Die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel gibt ihm einen großen Auftritt in ihren Sälen und im Garten, die Frankfurter Schirn zeigt seine ultraglatten Riesengemälde, und im Liebieghaus mischt Koons seine Skulpturen unter die erlesene Sammlung mit Stücken vom alten Ägypten bis zum Klassizismus. „Meine Werke sollen sich mit der Vergangenheit verbunden fühlen, und die Werke im Liebieghaus sollen sich mit der Gegenwart verbunden fühlen“, verkündete Koons euphorisch beim art- Gespräch für unsere Titelgeschichte ab Seite 22. Die quietschbunte Invasion wird dem Museum gut tun, vielleicht auch Erkenntnisse bringen, die etwas tiefer gehen als die Weisheiten des Großkünstlers. Aber allein ist Koons mit seinem Hang zur Kunstgeschichte beileibe nicht. Je mehr die Kunst zur Aktualität verpflichtet wird, je mehr sich die Künstler von einem Markt getrieben sehen, der immer schneller nach frischer Ware sucht, desto größer wird offenbar die Angst vor der eigenen Vergänglichkeit. Die Sehnsucht nach dem Abgleich mit gesicherten Werten wird zum neuen Trend: Die letzte Biennale von Venedig zeigte Tintoretto, eben paraphrasieren die Holzschneider Gert & Uwe Tobias Schätze des Dresdner Kupferstichkabinetts. Aber ob die Imprägnierung mit Altmeister-Patina wirklich Unsterblichkeit verleiht? Vielleicht ist es ja Zeit, einen Zettel im Liebieghaus anzubringen: 2513 nach Jeff Koons fragen …