Absurdes Theater um die Schwarze Null
Absurdes Theater um die Schwarze Null
Tim Sommer, Chefredakteur
Liebe Leserin, lieber Leser,
im Mai-Heft habe ich hier die Erfolge des Frankfurter Städel-Museums und die Probleme der Hamburger Kunsthalle erörtert: Dort redet man über gute Ausstellungen, hier über Finanzquerelen. Seitdem ist die Situation in Hamburg auf peinliche Weise eskaliert. Die Kunsthalle, aufgefordert, 200 000 Euro einzusparen, um einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, hatte verkündet, ihre Galerie der Gegenwart für Monate zu schließen. Die offizielle Begründung, die sich auch Kultursenatorin Karin von Welck vorerst zu eigen machte, war die angebliche plötzliche Notwendigkeit, falsch eingebaute Brandschutzklappen im 1997 eröffneten Kunstwürfel auswechseln zu müssen. Kunsthallendirektor Hubertus Gaßner allerdings dementierte aus dem Pfingsturlaub prompt die Brandschutzstory und erklärte, man müsse die Galerie aus Kostengründen schließen, es gäbe keine andere Möglichkeit, die eingeforderte „Schwarze Null“ im Haushalt noch zu erreichen. Schnell stellte sich heraus, dass die Klappen auch bei laufendem Betrieb zu wechseln sind, das Geld muss nun anderweitig eingespart werden.
Beide Seiten haben schlecht agiert. Es wird sich erweisen, ob der provozierte Eklat um die Schließung der Galerie der Gegenwart die Senatorin zum Umdenken zwingt. Den Ruf der Kunsthalle und der Kulturstadt Hamburg hat die Verzweiflungstat jedenfalls weiter ramponiert. Vordergründig geht es gerade um zwei Prozent des Etats – nach Gaßners Erklärung ist das aber die Hälfte der nach festen Raum- und Personalkosten überhaupt verfügbaren Mittel. In einer Vergleichsstudie konnte die Kunsthalle zudem nachweisen, dass sie nur gut die Hälfte der üblichen Zuwendungen für Kunstmuseen erhält. Von Welck hat es versäumt, in besseren Zeiten die Museen aus der schiefen Bahn zu leiten. Nun ist sie gezwungen, die Museumsstiftungen rücksichtslos zur Etattreue zu zwingen, wohl, um in den anstehenden Hamburger Sparrunden eine Restchance auf Spielräume zu be halten. Mit ihrem Erziehungsprojekt „Schwarze Null“ wird sie das Renommee ihrer Museen jedenfalls nicht retten.
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Menschenkette für die Hamburger Galerie der Gegenwart, Kontrahenten Karin von Welck und Hubertus Gaßner -
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