Liebe Leserin, lieber Leser,
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Tim Sommer, Chefredakteur -

Erfolgreiche Außen-Politiker: Martin Roth, Peter-Klaus Schuster, Michael Schindhelm und Reinhold Baumstark (von links)
immer wenn die drei Großfürsten des deutschen Museumswesens gemeinsam vor die Presse treten, haben sie glanzvolle Kunde zu geben. Im Mai 2007 haben Martin Roth (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Peter-Klaus Schuster (Staatliche Museen zu Berlin) und Reinhold Baumstark (Bayerische Staatsgemäldesammlungen) annonciert, dass sie das erweiterte chinesische Nationalmuseum (Fertigstellung 2010) mit abendländischer Kunst versorgen werden, jetzt wollen sie im Golfemirat Dubai, wo der deutsche Theatermann Michael Schindhelm als Kulturentwickler wirkt, ein ganzes „Universalmuseum“ bestücken. „Kosmopolitische Präsenz“ wollen die Generaldirektoren zeigen, einen „Kanon der Weltkultur entfalten“. Endlich kommt die deutsche Museumswelt aus der Defensive, endlich steigen wir ein in die Globalisierung des Kunstbetriebs, der ja auch ein Ideen- und Werteaustausch ist. Wir zeigen mit unseren Schätzen, wie wir denken, was uns im Westen gut und wichtig ist. Und wenn man dabei auch noch Leihgebühren einnimmt, kann das auch nicht schaden.
Was aber seltsam ist: Die „Generäle“, wie sie sich so gerne nennen, tun sich immer nur zusammen, wenn es um Außenpolitik geht. Wo bleiben die Ideen, die Konzepte für die Museumslandschaft hier? Man könnte über gemeinsame Ankäufe gerade zeitgenössischer Kunst nachdenken. Über klare, verbindliche Regeln im Umgang mit Privatsammlern. Über den sinnvollen Austausch von Sammlungsbeständen. Über die Abschaffung von Eintrittsgeldern. Aber leider; Utopie ist mal wieder etwas für morgen oder anderswo.
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art-Redakteur Ralf Schlüter bei Museumsgründer Igor Markin in Moskau -

art-Autorin Susanne Altmann im Gepräch mit dem Sammler Dimitri Kowalenko
Zwei Geschichten erzählt dieses Heft aus Moskau. Zusammen zeigen sie, wie fundamental sich die Welt in den letzten 30 Jahren gewandelt hat - und wie stark die „freie“ Kunst mit den politischen Verhältnissen verwoben ist. Die Bilder der Konzeptualisten (ab Seite 28), denen die Frankfurter Schirn-Kunsthalle eine Ausstellung widmet, führen zurück in die siebziger Jahre, als nach dem Stalin-Terror die Künstler eine „Existenz im Niemandsland, ohne Gefahren und ohne Ambitionen“ hatten, wie Ausstellungsmacher Boris Groys erzählt. „Auf dem Niveau einer einfachen Grundversorgung - herrschte eine animalische Unbekümmertheit, die es erlaubte, sich mit vielen Dingen ernsthaft auseinanderzusetzen.“ Es entstand eine Kunst ohne Markt, die wertvoll und bedeutend nur im Gespräch einer Gruppe wurde, die feinste Anspielungen verstand. Längst haben die Neureichen die Rolle der Intelligenzija übernommen: Schuhhändler, Immobilienmakler und die Töchter märchenhaft reicher Oligarchen bestimmen heute, was Kunst ist - oft mit einer „animalischen Unbekümmertheit“ ganz anderer Art. Zu Konflikten mit dem Putin-Regime oder der Kirche kommt es erstaunlich selten: Die Selbstzensur funktioniert bestens. Was zählt, ist Geld. Die große Reportage über den Moskauer Goldrausch lesen Sie ab Seite 42.