Warme Worte im Haifischbecken
Warme Worte im Haifischbecken
TIM SOMMER, CHEFREDAKTEUR chefredaktion@art-magazin.de
Harte Tür im »Souk« der Kunst: David Zwirner (rechts) vergleicht Kunstmessen wie die »Art Basel Miami Beach« (oben) ganz treffend mit orientalischen Basaren
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,
das von der »New York Times« veranstaltete »Art Leaders Network« (Bericht auf Seite 147) in Berlin kostete 2000 Dollar Eintritt für zwei Tage. Das darf man wohl als »harte Tür« bezeichnen. So blieben die Referenten beim »Gipfeltreffen für Innovatoren und Experten« fast unter sich. Und die, die es anging, verpassten das joviale Angebot, das David Zwirner da ganz nonchalant vom Podium herunter unterbreitete. Der (nach Larry Gagosian) zweitmächtigste Galerist weltweit, der im Januar als Global Player in Hongkong seine fünfte Dependance eröffnet hat, brachte den Vorschlag ins Spiel, dass die reichen Großgalerien den armen und jungen unter die Arme greifen sollen, indem sie etwas mehr und diese dafür weniger für ihre Messekojen zahlen sollen.
Die gute Nachricht dabei für Messechefs: David Zwirner weiß ohnehin gar nicht mehr so genau, was eigentlich so eine Standmiete kostet, wie er ganz offen bekennt. Da ist also in dieser Liga noch Luft nach oben. Die kleineren Galerien stellt eine Messeteilnahme in Basel, Miami oder Hongkong oft vor die Wahl zwischen Pest und Cholera. Wer auf diesen Weltmarktplätzen der Kunst nicht präsent ist, wird vom globalisierten Sammler-Jetset nicht wahrgenommen, hat folglich keine Chance, seine Künstler über einen gewissen Punkt hinaus zu entwickeln und irgendwann wirklich hohe Preise zu erzielen. Aber auch hier im »Souk« der Kunst, wie Zwirner Messen nennt, ist die Tür verdammt hart: Selbst wenn man die Zulassung erlangt, können die fünf- bis sechsstelligen Kosten für Standmieten und Reisekosten einen ruck, zuck ruinieren. Denn auch auf den Messen machen die großen Galerien große, die kleinen meist kleine Geschäfte.
»Es läuft was falsch im aktuellen System«, sagt Zwirner, früher sei es leichter gewesen. Das Dilemma wird sich durch ein bisschen kollegiale Quersubventionierung aber nicht lösen lassen. Zumal die Arbeitsteilung im kollegialen Haifischbecken ja bestehen bleiben würde: Kleine Galerien entdecken Künstler, bringen sie durch die schweren Jahre, bauen sie auf – bis eine größere und dann vielleicht eine ganz große aus der Liga von David Zwirner kommt. Und ihre besten Künstler schnappt.
PS:
Das Interview mit Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando zum Start der Manifesta (Seite 84) ist nur ein Vorgeschmack. Im August folgt ein ganzes Heft über die Kunst in Bella Italia!