Diplomatische Mission mit ungeplantem Ärger

Diplomatische Mission mit ungeplantem Ärger

Tim Sommer, Chefredakteur chefredaktion@art-magazin.de

Liebe Leserin, lieber Leser,

zugegeben, ich fand die Idee des Pavillontauschs zwischen Frankreich und Deutschland ziemlich streberhaft. Dass das Prinzip der nationalen Künstlerbotschafter überholt ist, brauchte nun wirklich nicht bewiesen zu werden. Und genau das machte ja schließlich den ironischen Charme der Biennale aus: diese leichte politische Unkorrektheit der nationalen Selbstdarstellung, die bei den Deutschen selbstzerfleischend, bei Briten oder Franzosen völlig selbstverständlich, bei Despotien auch gern mal chauvinistisch oder touristisch ins Werk gesetzt wurde. Nun zeigt ein Albaner bei den Franzosen, eine Inderin, ein Südafrikaner, ein Chinese und ein deutscher Franzose mit Migrationshintergrund bei uns, dass sie sich „der Idee einer gemeinsamen europäischen Kultur innerhalb eines größeren Bezugssystems einer globalen kulturellen Gemeinschaft verpflichtet“ fühlen, wie es kreuzbrav in der Pressemitteilung heißt. Diese Spielverderber!

  • Countdown in Venedig: Bei den Deutschen ist man schon fertig, die Franzosen räumen hier noch: Ai Weiweis Installation im „Francia“-Pavillon, Vorbereitungen für Anri Sala bei „Germania“
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Da freut man sich fast, dass es pünktlich ganz ungeplanten Ärger gibt, der die politische Inszenierung zum Jubiläum des Élysée-Vertrags wieder spannend macht. Der herrliche Krach um die Deutschlandschau im Louvre (siehe Kritik Seite 112) dröhnt im Hintergrund, während darüber gestritten wird, wie man eine gemeinsame Eröffnung in den Giardini diplomatisch über die Bühne kriegt. Den Künstlern, so hört man, ist es eigentlich egal, in welchem Pavillon sie ihre Kunst zeigen – Hauptsache in Venedig!

In diesem Vorschau-Heft haben wir alles zusammengestellt, was Sie für Venedig wissen müssen. Was dann zählt, ist das Erlebnis. Wie wir die Biennale sehen, lesen Sie auf art-magazin.de/biennale und in unserem großen aktuellen Sonderheft, das wie bei der letzten documenta gleich nach der Eröffnung erscheint.