Liebe Leserin, lieber Leser,
Liebe Leserin, lieber Leser,

der Kunstsommer 2007 ist schon Legende, bevor er begonnen hat. Biennale Venedig, „Skulptur Projekte“ in Münster und Documenta halten die Redaktion seit Monaten in Atem, drei volle Hefte werden wir dem internationalen Kunstmarathon widmen: Diese Ausgabe gibt einen Ausblick auf Venedig und Münster. Das Juliheft wird komplett der Documenta 12 gehören und erscheint pünktlich zum Start der Weltkunstschau in Kassel schon am 15. Juni. Und im August werden wir wie gewohnt mit opulenten Fotoreportagen und ausführlichen Berichten zeigen, wie die Konzepte der Künstler und Kuratoren, die wir vorab besucht haben, funktionieren.
Tausend Arbeiten wird es zu sichten geben – aber ein Lieblingskunstwerk des Sommers habe ich schon: Andreas Siekmanns Projekt „Trickle Down“ für Münster. Die Schau „Skulptur Projekte“ (siehe Bericht Seite 78) erkundet alle zehn Jahre die Möglichkeiten der Kunst im öffentlichen Raum. Traditionell werden rund um den Aasee monumentale, schräge und subversive Projekte verwirklicht, die die Toleranz der westfälischen Universitätsstadt und ihrer Bewohner bis an die Grenzen austesten – und damit letztlich erweitern.
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Wasserträger in Hamburg, Pferde in Brüssel, Bären in Berlin – eine Landplage. -

Andreas Siekmann benutzt die Fiberglasfiguren für sein Recycling-Werk. Wer es sehen will, muss nach Münster
Andere Städte gehen seit einigen Jahren bekanntlich den umgekehrten Weg und bepflastern ihre Märkte und Fußgängerzonen mit armseligstem Kitsch: Die bemalten Maskottchen vom Bär (Berlin) über den Wasserträger Hummel (Hamburg) bis zum Pferd (Brüssel) sind eine Landplage, die allein in Deutschland schon 600 Städte und Gemeinden heimgesucht hat.
Siekmann, von jeher interessiert an den Verflechtungen von Kultur und Wirtschaft, entlarvt den ästhetischen Spuk als Etikettenschwindel: Was den Menschen als Kunst verkauft wird, sind frei gehandelte Marketingkonzepte und ist mithin kommerzielle Umweltverschmutzung im öffentlichen Raum. Siekmanns Antwort ist so radikal wie passend. Er schreddert in einer Recyclingaktion eine Auswahl der urbanen Schreckgespenster und formt daraus ein Mahnmal wider den schlechten Geschmack und die Volksverdummung. Wir sind gespannt, wie die „Urban Art“-Industrie darauf reagiert.