Der Champion wechselt die Liga

Der Champion wechselt die Liga

  • TIM SOMMER, CHEFREDAKTEUR chefredaktion@art-magazin.de
  • Neue Wirkungsstätte: Das neue Museum de Young von Herzog & de Meuron ist Teil der Fine Arts Museums in San Francisco
  • Die unterirdische Städel- Erweiterung durch Schneider+Schumacher gehört zu Max Holleins Großtaten für Frankfurt/M.

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

man spricht von ihm unter den deutschen Museumsleuten, wie man in der Bundesliga vom FC Bayern München spricht: »Na ja, der Max«, oder »Der Hollein eben«, mit einem halb neidischen, halb bewundernden Schulterzucken. Er ist der, der alles hat, dem alles gelingt – und der deshalb scheinbar in einer anderen Liga spielt. Nun wechselt Max Hollein nach 15 Jahren als Multimuseumsdirektor von Frankfurt nach San Francisco, wo er die Fine Arts Museums übernimmt. Dass der Midas vom Main irgendwann weiterziehen würde, war klar. Aber Zeitpunkt und Richtung des Wechsels sind doch überraschend.

Um zu sehen, was Max Hollein in Frankfurt geleistet hat, genügt ein Blick auf die Agenda seiner Museen im Juni, wenn er seinen Abschied feiern wird: Im Städel geht die glänzende Altmeisterschau »Maniera« zu Ende, es beginnt die große Retrospektive zu den Heldenbildern von Georg Baselitz , und der Altenberger Altar, ein Hauptstück der Gotik, wird erstmals wieder zusammengeführt. Im Skulpturenmuseum Liebieghaus wird das antike Athen zum Leben erweckt. In der Schirn endet die Schau zu Juan Mirós Wandbildern, und eine Tiefenbohrung zu frühen Comics startet, während parallel die Wiederentdeckung des Neo-Geo-Künstlers Peter Halley läuft. Kein anderer Museumsverbund hier hat solch ein Programm zu bieten.

Auch in der Digitalisierung, der größten aktuellen Herausforderung (siehe Bericht ab Seite 52), entfaltet sich nirgends ähnliche Dynamik und Experimentierlust, mit Kursen, Tutorials, neuen Suchalgorithmen. Und: Das Museum wächst! Für die neuen unterirdischen Säle des Städel ist in den letzten Jahren praktisch eine neue Sammlung aktueller Kunst entstanden.

Ja, in Frankfurt, mit seinem Städelschen Kunstinstitut als unabhängigem Träger und dem finanzkräftigen Städelschen Museums-verein als Spendensammler, sind die Voraussetzungen besser als dort, wo die Museen als Behörden geführt werden oder sich ihren Notgroschen als ausgelagerte Stiftungen vom Kämmerer erbetteln müssen. Was Max Hollein aber vor allen anderen verstanden hat: Der Museumschef muss als Manager genau definieren, was man ist und kann und was man will – und dann Mittel und Begeisterung organisieren, um seine Ziele durchzusetzen. Vor allem aber: großartige Mitarbeiter ans Haus holen und ihnen eine Struktur zu schaffen, in der sie ihre Träume ausleben können.

PS:

Zugegeben: Ich hatte Hannah Höch bequem und sicher unter »Dada« abgespeichert. Dass sie auch ein fulminantes und bissiges Nachkriegswerk zu bieten hat, sehen Sie ab Seite 40