Liebe Leserin, lieber Leser,
Liebe Leserin, lieber Leser,

manchmal gelingt gleich der erste Versuch so gut, dass er fortan zur Belastung wird. Die Berlin-Biennale ist so ein Fall: Sie arbeitet sich nun zum fünften Mal an dem Maßstab ab, der mit ihrer Premiere gesetzt wurde. Dabei ist die Hauptstadt-Biennale nicht schlecht: Sie hat sich mit wechselnden Kuratoren, Konzepten und Schauplätzen als wichtigster regelmäßiger Termin in Deutschland nach der Documenta durchgesetzt. Auch Elena Filipovic und Adam Szymczyk haben die Berlin-Schau wieder komplett neu erfunden (siehe Bericht ab Seite 18). Den Geniestreich von vor genau zehn Jahren werden auch diese beiden wohl nicht wiederholen. Klaus Biesenbach, Hans Ulrich Obrist und Nancy Spector ist damals gelungen, wovon jeder Ausstellungsmacher träumt: Mit „Berlin/Berlin“, der ersten Großschau in der Auguststraße, haben eine Stadt und eine Szene sich selbst entdeckt. Franz Ackermann, Thomas Demand, Olafur Eliasson, Jonathan Meese … Die Künstlerliste der damals 30-Jährigen liest sich wie ein „Who is Who“ der heute so erfolgreichen Kunst aus Deutschland.

Es gab und gibt nur wenig Verbindendes in dieser Nach-der-Mauer-Generation. Theoriefern und kaum mehr politisch waren diese frischen Spieler in den Ruinen von Berlin-Mitte. Sie zeigten sich als fröhliche Macher mit dem Drang zur ganz großen Nummer. Und sie hatten junge Galeristen, die in der Lage waren, ihren Aufstieg zu stützen und zu organisieren. Die Kraft dieser historischen Chance war bei der ersten Berlin-Biennale mit Händen zu greifen. Mit dem Erfolg ist aber auch mancher Zauber verflogen: Olafur Eliasson ließ damals im Postfuhramt ganz lakonisch-wunderschön einen Ventilator kreisen. Heute muss es ein Wasserfall für die Brooklyn Bridge sein, um das Gleiche zu sagen. Jonathan Meese zeigte 1998 eine Kinderzimmer-Poster-Orgie voller Wahnsinn, Poesie und Kraft. Heute ist er erwachsen - und muss im Akkord und ohne nachzudenken Ölbilder für den Weltmarkt produzieren.