Liebe Leserin, lieber Leser,
Liebe Leserin, lieber Leser,

im November 2006 war die Misere mit Händen zu greifen. Galeristenlegende Rudolf Zwirner bekam den Preis der „Art Cologne“. Geschätztes Durchschnittsalter der Festgesellschaft aus lokalen Honoratioren: 70 Jahre. Der Preisträger sprach von Berlin, der neuen Kunstmetropole. Die Laudatoren flöteten pro domo, priesen die Kunststadt Köln, als ob es sie so noch gäbe.
Zwirner hatte hier mit anderen rheinischen Galeristen vom „Verband progressiver Kunsthändler“ 1967 den „Kölner Kunstmarkt“ etabliert. Eine geniale, erst viel beschimpfte und dann viel kopierte Erfindung: eine Messe für Kunst. Die Galerien profitierten davon, die Künstler, die Sammler, das Publikum – bald war Köln, New York mal ausgenommen, die pulsierende Kunsthauptstadt der Welt. Das war Standortpolitik von unten. Köln hat von diesem Geschenk unendlich profitiert. Doch der Schwung ist längt verebbt, denn er wurde nicht erneuert. Es gab kein Konzept für eine Standortpolitik von oben, die klug in den Erhalt der gewachsenen Szene investiert hätte.
So demontiert sich die Kunststadt selbst. Es passiert, und man lässt es passieren. Niedergang und Exodus betreffen die Museen (hier glänzen nur die Sammlungen, ganz selten noch die Ausstellungen), betreffen die Galerien (die schließen oder ziehen nach Berlin), betreffen die Künstler (die studieren woanders und gehen dann auch nach Berlin). Und sie betreffen ganz besonders die „Art Cologne“. Als nun im Herbst letzten Jahres zehn von den wenigen verbliebenen Groß- und Trendgaleristen der Stadt in einem offenen Brief der Messegesellschaft drohten, sich endgültig von der „Mutter aller Kunstmessen“ zu verabschieden, war die über zehn Jahre schwelende Krise endlich manifest. Öffentliches Säuseln und Beschwören alter Größe half nicht mehr. Gérard A. Goodrow, der 2003 berufene künstlerische Leiter, hatte versucht, die aufgeblähte Messe zu verschlanken, sie durch eine „Open Space“ genannte kojenfreie Zone zu erfrischen, durch Terminwechsel Konkurrenz abzuschütteln. Doch Fortune hatte er nicht. Nach der unverhohlenen Erpressung der Galeristen wurde er kalt gestellt kurz vor Karneval dann geschasst, ohne dass man einen Nachfolger vorzuweisen hätte.
Nun muss sich beweisen, ob die spezifisch Kölner Form der Selbstorganisation nur noch kaputtmachen oder auch noch aufbauen kann. Auf die Galeristen kommt es an, die ja auch über Köln hinaus bestens vernetzt sind. Ein deutscher Messestandort von internationaler Bedeutung sollte doch zu klüngeln sein. Jetzt am Rhein – oder dann doch in Berlin.
