Liebe Leserin, lieber Leser,
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absurde Züge trug die Diskussion um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses von Beginn an. Jetzt aber wird es grotesk. Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung möchte einen „konzentrierten Entwurf“ zur Ausschreibung vorlegen, um den Bau finanzierbar zu machen. Statt 670 Millionen Euro sollen jetzt 480 Millonen reichen, das geplante Humboldt-Forum zu bauen. Auf die Kuppel darf nun verzichtet werden, auch das Glasdach über dem Schlüterhof soll es nicht geben. Die Tiefgarage wird auf 80 Plätze reduziert, das Hotel fällt ganz weg. Gleichzeitig wachsen die Ansprüche: ein „Schaufenster des Weltwissens“ soll das Haus mit seinen völkerkundlichen Sammlungen werden, ein „Musee du Quai Branly“ am Spreeufer. Gerade dieser Vergleich aber offenbart die Misere. Er zeigt, mit welchem Mut man in Frankreich solche entscheidenden Operationen im Stadtbild angeht - und wie feige in Deutschland. In Paris konnte ein Weltarchitekt wie Jean Nouvel ein Traummuseum von heute für morgen bauen. In Berlin häuft man notorisch Bleigewichte der Historie an, um es allen recht zu machen. Nun solle, meint Tiefensee, das Stadtschloss auch noch den Plenarsaal der Volkskammer aus dem demontierten Palast der Republik aufnehmen. Die Ostfassade dürfe zudem ruhig den DDR-Prachtbau zitieren, denn: Tiefensees „Verständnis von Architektur ist es, dass sie eine solche politische Entwicklung erlebbar macht“. Bevor der Bundesbauminister auch noch empfiehlt, die Fassade der gesprengten Nazi-Reichskanzlei zu integrieren, sollte sich die neu gegründete Stiftung Baukultur regen, um den architektonischen Murks im Vorfeld zu verhindern. Denn wenn es schon ein preußisches Stadtschloss sein muss, dann bitte ohne Hammer und Zirkel, von braunem Spiegelglas zu schweigen.
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Die Originale: der Volkskammersaal von 1976 im Palast der Republik und das Berliner Stadtschloss, um 1939
Über seine neuen Bilder zur Formel 1 ist Andreas Gursky zum Fan geworden - mit allen Konsequenzen. Beim Interview zur großen Retrospektive im Münchner Haus der Kunst klagte der Meister über Schmerzen an der Seite - Folge einer Prellung, die er sich beim Rasen auf Michael Schumachers Kart-Bahn in Kerpen zugezogen hatte. Der Multi-Weltmeister saß symbolisch mit am Tisch im Düsseldorfer Atelier: Er hatte dem Fotografen seinen ferrariroten Helm geschenkt. Andreas Gurskys grandiose neue Arbeiten sehen Sie ab Seite 36.
